Hände von zwei Menschen im Gespräch

Freiwilligkeit und Kooperationspflicht in der Mediation

Idealerweise kommen alle Beteiligten auf eigenen Wunsch zur Mediation und bleiben freiwillig dabei, sogar in den unvermeidlich anstrengenden Phasen der Auseinandersetzung. Natürlich fühlt sich besser, wer auf eigenen Wunsch in der Mediation ist, und ebenso natürlich erleichtert das der Mediatorin die Arbeit. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mediation erfolgreich ist, steigt mit der Eigenmotivation der Klienten. Und schließlich setzt auch das Mediationsgesetz Freiwilligkeit voraus (vgl. §2 Abs. 2 MediationG).

Grundlage humanistisches Menschenbild

Inhaltlich leitet sich das Prinzip der Freiwilligkeit aus der Eigenverantwortung ab, die wir im humanistischen Menschenbild zugrunde legen: Ein Mensch darf und muss für sich selbst entscheiden, was sie oder er tun oder lassen will. Allerdings: ein anderer wichtiger Bestandteil des humanistischen Menschenbildes ist die Fähigkeit und die Notwendigkeit zu kooperieren. Und das kann der Freiwilligkeit Grenzen setzen, z.B. bei der im Arbeitsalltag: Zu den sog. „nebenvertraglichen Dienstpflichten“ einer Arbeitnehmerin gehört es, mit den Kollegen zu kooperieren, also z.B. Informationen weiterzugeben, mit anzupacken, sich gegenseitig zu helfen, an Abteilungssitzungen teilzunehmen. Wenn nun die Abteilungsleiterin eine Sitzung für so wichtig hält, dass sie dafür sogar eine Mediatorin hinzuzieht, dann kann doch die Sitzung dadurch nicht freiwillig werden? (Wir danken Tilman Metzger für dieses Argument.) Der Gesetzgeber argumentiert kurioserweise, dass sogar eine von einem Gericht angeordnete Mediation immer noch freiwillig sei, Bundestags-Drucksache 17/5335.

Praktische Umsetzung in der Mediation

Wie gehen wir damit in der Mediation um? Selbstverständlich wird von der Mediatorin kein Zwang, auch kein Druck ausgehen, weder zur Teilnahme an der Mediation ingesamt noch zu einzelnen Schritten während der Mediation. Stattdessen wird sich die Mediatorin mit etwaigem Widerstand verbünden, um das Bedürfnis dahinter für die Mediation zu nutzen, also „den Bock zum Gärtner machen“ :

Ein Klient sagt, er wolle „hier keinen Seelenstriptease machen“. Das akzeptieren wir und bitten ihn, sofort zu sagen, wenn ihm eine Frage zu tief geht. So erhält er zusätzliche Legitimation, auf sich zu achten, und gleichzeitig eine Mitverantwortung für ein kooperatives Klima.

Will eine Arbeitgeberin eine Mediation anordnen, empfehlen wir, zwar die Kooperation unter Arbeitskollegen einzufordern, aber die Mediation nur anzubieten als einen möglichen Weg. Den Beteiligten steht es dann frei, ihre Kooperation auch auf anderem Wege wieder herzustellen.

Mehrere Professorinnen eines Fachbereichs waren im heftigen Konflikt und wollten auch keine Mediation. Nach unserer Beratung forderte die Hochschulleitung von den Beteiligten ultimativ ein gemeinsames Konzept für ihren Fachbereich, und verwies auf ihre Pflicht dazu gemäß Hochschulgesetz. Ob die Parteien hingegen eine Mediation machen wollten, und ob sie dafür der Empfehlung der Hochschulleitung für den Mediator folgen wollten, wurde ihnen ausdrücklich freigestellt. Nunmehr war die Wahl für die Beteiligten also nur noch, mit oder ohne Mediation zu einer Einigung zu finden. Sie konnten dann tatsächlich innerhalb von zwei Mediationstagen ihre Kooperation miteinander wieder auf feste Füße stellen.

So versuchen wir als Mediatoren die Balance zu halten zwischen Freiwilligkeit und Kooperationspflicht.

Nächste Schritte

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